Kosten einer Ehescheidung steuerlich absetzbar?

Im Jahr 2011 gab es nach den Feststellungen des Statistischen Bundesamtes 187.600 Ehescheidungen mit steigender Tendenz. Je nach Umfang und Streitpotential können die Kosten bei mehreren tausend Euro für Gericht und Anwalt liegen. Müssen Sachverständige hinzugezogen werden, z.B. um Immobilien oder eine Arztpraxis zu bewerten, können diese Kosten „explodieren“.

Ein Scheidungsverfahren stellt einen Zivilprozess dar, dessen Kosten nicht steuerlich abzusetzen waren, wenn diese nicht mit steuerpflichtigen Einkünften im Zusammenhang standen.

Im Jahre 2011 änderte der Bundesfinanzhof seine jahrelange Rechtsprechung und entschied, dass private Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG)zu berücksichtigen sind. Der Steuerpflichtige muss nur darlegen können, dass die Rechtsverfolgung oder –verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Finanzverwaltung ist dieser Änderung der Rechtsprechung nicht gefolgt und belegte das Urteil mit einem sog. Nichtanwendungserlass.

Gegen diese Nichtanwendung hat das Finanzgericht Düsseldorf am 19.02.2013 (10 K 2392/12 E)entschieden. Das Gericht erkannte die Kosten für einen Schadenersatzprozess sowie einen Prozess zum Zugewinnausgleich und Unterhalt im Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastungenan. Eine gleichlautende Entscheidung hatte bereits das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht am 21.02.2012 (AZ: 1 K 75/11) verkündet. Beide Gerichte beriefen sich auf die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 12.05.2011 (AZ: VI R 42/10).

Ebenso entschieden die Finanzgerichte Rheinland-Pfalz (Urteil vom 16.10.2014, AZ 4K 1976/14; AZ der Revision beim BFH: VI R 66/14) und Münster (Urteil vom 21.11.2014, AZ 4 K 1829/14; AZ der Revision beim BFH: VI R 81/14).

Anders das Niedersächsische FG : Scheidungskosten sollen nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können. Argument: Scheidungen sind einfach nicht mehr außergewöhnlich. Zudem haben die Richter die Neufassung des zuständigen § 33 II S. 4 EStG so ausgelegt, dass der Gesetzgeber mit Wirkung nab dem Jahr 2013 die Abzugsfähigkeit der Scheidungskosten als Prozeßkosten generell abgeschafft hat (Urteil vom 18.2.2015, AZ 3 K 297/14). Das sächsischen Finanzgericht hat zur Neufassung des § 33 II S. 4 EStG die gleiche Auffassung vertreten. Das Niedersächsische FG ließ die Revision zum BFH zu, ein Aktenzeichen liegt noch nicht vor.

Der Bundesfinanzhof (BFH) änderte mit Urteil vom 18.06.2015 seine Rechtsprechung erneut (AZ: VI R 17/14):
Die Kosten eines Zivilprozesses (und damit auch die einer Ehescheidung) werden nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Damit ist die Absetzbarkeit von Scheidungskosten zwar nicht gänzlich ausgeschlossen. Die Messlatte wurde von BFH jedoch sehr hoch gehängt.

Welp
Rechtsanwalt und Notar

(Update am 23. Juli 2015)