Berufshaftpflicht, Auskunftspflicht und Querulanten

Hinter dem Begriff der Berufshaftpflichtversicherung verbirgt sich die Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden, die ein Rechtsanwalt oder Notar gegen Schäden abschließt, die er während seiner beruflichen Tätigkeit schuldhaft verursacht.

Beide Berufsgruppen müssen sich versichern, sonst wird die Zulassungsurkunde als Anwalt solange nicht ausgehändigt bis ein Versicherer bestätigt, dass ein dem Gesetz entsprechender Versicherungsschutz besteht, § 12 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Dies gilt für selbstständige Rechtsanwälte, für freie Mitarbeiter oder für angestellte Rechtsanwälte.

Die gesetzliche Pflicht, eine solche Versicherung für jeden Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin abzuschließen, existiert seit dem 9.9.1994. Die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall beträgt 250.000,00 Euro. Die Höchstleistung für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden muss dem vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme entsprechen, § 51 Abs. 4 BRAO.

Die Sonderstellung des Notars schlägt sich auch bei seiner gesetzlichen Pflichtversicherung nieder, die seit dem 1.1.1983 besteht. Die Mindestversicherungssumme beträgt heute insgesamt 1.000.000,00 Euro. Die Summe setzt sich aus je 500.000,00 Euro für die individuell vom Notar abzuschließende Basisversicherung nach § 19a Abs. 3 Bundesnotarordnung (BNotO) und der von den Notarkammern abgeschlossenen Gruppen-Anschlussversicherung (§ 67 Abs. 3 Satz 3 BNotO) zusammen. Vorsätzliche Pflichtverletzungen des Notars sind von der „normalen“ Berufshaftpflichtversicherung nicht abgedeckt. Soweit bei dem Notar in solchen Fällen kein Ersatz zu erlangen ist – sei es, weil die Versicherung nicht einspringt oder weil das Privatvermögen des Notars nicht ausreicht – haben die Notarkammern für jedes ihrer Mitglieder nach § 67 Abs. 3 Satz 3 BNotO eine sogenannte Vertrauensschadensversicherung über 250.000,00 Euro Mindestversicherungssumme abgeschlossen.

Viele Rechtsanwälte und Notare versichern sich mit deutlich höheren Summen, um im Schadensfall nicht mit dem persönlichen Vermögen haften zu müssen. Ein geschädigter Mandant ist also in jedem Fall abgesichert! Seit Mai 2010 müssen Rechtsanwälte ihren Mandanten mitteilen, dass und wo sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Dies ergibt sich aus der „Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung“ (DL-InfoVO), die der Gesetzgeber am 17.3.2010 im Bundesgesetzblatt (Nr. 11, S. 267) verkündet und die zwei Monate später am 17.5.2010 in Kraft trat.

Teilt ein Anwalt auf Anfrage seine Haftpflichtversicherung dem (auch ehemaligen) Mandanten nicht mit, kann dieser nach § 51 Abs. 6 BRAO bei der Rechtsanwaltskammer Auskunft über die Versicherung, ihre Adresse und die Versicherungsnummer beantragen. Die meisten Kammern hören bei solchen Anträgen den Rechtsanwalt an. Wenn dieser „kein eigenes überwiegendes schutzwürdigendes Interesse“ nachweist, wird dem Mandanten die gewünschte Auskunft erteilt.

Ob dieses Vorgehen der Kammern rechtmäßig ist, war in den vergangenen Jahren umstritten. Es wurde eingewandt, dass die Rechtsanwaltskammer die Informationen nur erteilen darf, wenn der (angeblich) geschädigte Mandant über einen Direktanspruch gegen die Versicherung nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verfügt. Für einen solchen Anspruch muss der Rechtsanwalt insolvent oder nicht mehr auffindbar sein.

Dieser Auffassung hat der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in einer Entscheidung vom 22.10.2012 (Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 60/11) widersprochen. Die Klage eines Rechtsanwalts gegen die Weitergabe seiner Versicherungsdaten wurde abgewiesen. Der BGH beruft sich in seiner Entscheidung auf die Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der seit 2010 geltenden Informationsverordnung (DL – InfoVO), nach der der Anwalt selbst seine Mandanten über seine Versicherung aufklären muss. Der BGH vertritt die Meinung, dass es damit keinen Grund mehr gebe, die entsprechenden gesetzlichen Regelungen in der Bundesrechts anwaltsordnung einschränkend auszulegen.

Ob bei querulatorischen Mandanten eine Auskunft auch einmal unterbleiben kann, ließ der BGH offen. Die Anwaltskammern halten dies jedoch für den typischen Fall eines schutzwürdigen Interesses des Anwalts. Dies bedeutet aber auch: im Regelfall erfährt der Mandant, wo sein Anwalt versichert ist.

Hans-Christian Agarius HansAdolf Welp
(Bachelor of Laws) (Fachanwalt für Arbeitrecht)